In Hilden geht was. Auch wenn’s von außen eher so aussieht, als wäre der aufregendste Moment der Woche das rhythmische Blinken der Ampel an der Mittelstraße, brodelt unter der Oberfläche ein erstaunlich quirliges Arbeitsmarkt-Leben. Eine Armada an Unternehmen, Verwaltungen, Kliniken, Werkzeugschmieden und – nicht zu vergessen – Backstuben hält die Stadt wirtschaftlich am Laufen, während der Rest von NRW noch über Strukturwandel diskutiert. Und weil selbst Google irgendwann kapituliert, wenn es um aktuelle Zahlen zu Hildens Arbeitsmarkt geht („Meinten Sie Hilden bei Siegburg?“ – Nein, danke.), hat die Lokalredaktion beherzt selbst nachgezählt.
Platzhirsch in der Itterstadt ist – Trommelwirbel – Qiagen. Mit 1500 Mitarbeitenden, sieben Azubis und Benefits, bei denen selbst DAX-Konzerne neidisch werden: Jobtickets, eigene Kita, Waschmaschinen (!) für den Notfall-Montags-Hemdengau, und ein Eltern-Kind-Zimmer, falls der Nachwuchs mal während der PowerPoint-Präsentation eine Banane will. Qiagen macht Biotechnologie – und offensichtlich auch glückliche Mitarbeitende.
Auf Platz zwei, mit Würde und Beamtenschweiß: die Stadt Hilden. Über 1000 Mitarbeitende und ein Ausbildungsportfolio, das klingt wie das Kursangebot einer sehr ambitionierten Volkshochschule: vom Notfallsanitäter über den Stadtbauoberinspektoranwärter bis zum Forstwirt. Wer hätte gedacht, dass man in Hilden fast jeden Beruf lernen kann – außer vielleicht Astronaut, wobei ich auch da nicht ganz sicher wäre.
Auf den weiteren Plätzen wird’s bunt: Da ist HDI, der Versicherer mit Zukunftsvision und Umzugskartons (600 Leute ziehen von Köln nach Hilden – endlich mal jemand, der nach Hilden will). Paul Schulten putzt sich auf Platz 3 sauber in die Rangliste, 3M klebt sich auf Platz 5, und das St. Josefs-Krankenhaus kurvt mit fast 400 Mitarbeitenden durchs Mittelfeld. Ein echtes Unternehmens-Buffet also – von Biotech über Bäckerei bis Behörde.
Und während Qiagen mit einer betrieblichen Fitnessstudio-Flatrate glänzt, gibt’s bei Kukko immerhin eine Betriebskrankenversicherung und die Erlaubnis, manchmal von zu Hause zu arbeiten – aber nur, „wenn der Klempner kommt oder das Auto nicht läuft“. Ehrlich, das ist zumindest mal ein realistisches Homeoffice-Modell.
Apropos Realismus: Einige Betriebe, so scheint’s, haben beim Thema Ausbildung noch Luft nach oben. Vion zum Beispiel hat 170 Mitarbeitende, aber keinen einzigen Azubi. Vielleicht liegt’s daran, dass der Personalchef beim Bewerbungsgespräch konsequent auf Latein antwortet. Man weiß es nicht.
Dann gibt es noch die Helden der zweiten Reihe: Caelo mischt in Hilden Medikamente, Bäcker Schüren versorgt die Stadt mit Brötchen und Ökoworld verteilt neben nachhaltigen Investmentfonds auch Einkaufsgutscheine. Wer in Hilden arbeitet, bekommt offenbar wahlweise ein E-Bike, Weihnachtsgeschenke, Zugang zu psychologischer Beratung, einen Parkplatz in der Tiefgarage oder wenigstens mal ein kostenfreies Wasser – irgendwo zwischen Konzerncharme und Kaffeeküchensmalltalk.
Und ja: Natürlich ist nicht alles Gold, was Gewerbesteuer zahlt. Manche Unternehmen glänzen eher durch PR-Verweigerung (Grüße an ASK Chemicals – die geheimnisvollen Alchemisten Hildens), andere machen bei Ausbildung und Homeoffice noch den Dornröschen-Schlaf. Aber: Die Wirtschaft brummt. Und das ist nicht selbstverständlich in Zeiten von Pandemie, Inflation, globalen Krisen und – ganz ehrlich – ständig streikender Bahn.
Kurz gesagt: Hilden ist keine Industriemetropole, keine Start-up-Oase, kein hipper Szene-Kiez. Aber Hilden funktioniert. Es beschäftigt, bildet aus, zahlt Gehälter – und sorgt dafür, dass die Gewerbesteuereinnahmen höher sind als der durchschnittliche Mietpreis in Köln. Und das, meine Damen und Herren, ist in der heutigen Zeit fast schon ein kleines Wunder. Oder wie der Hildener sagen würde: „Läuft.“
Mittwoch, 23. Juli 2025
23.7.2025: Hildens stille Superstars: Wer hier wirklich die Wirtschaft rockt (und warum du dein Auto vielleicht gegen ein Jobrad tauschen solltest)
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