Freitag, 13. Juni 2025

13.6.2025: Sperrung mit Aussicht: Wenn die S-Bahn Pause macht und die Brombeeren übernehmen

Zwischen Hilden und Düsseldorf tut sich was – und zwar ordentlich. Die S-Bahn-Linie S1 hat sich in eine mehrmonatige Auszeit verabschiedet, während die Deutsche Bahn mit dem Selbstbewusstsein eines Chirurgen an ihrer Infrastruktur herumschnippelt. Die Strecke ist seit dem 2. Mai dicht, und statt quietschender Züge gibt es jetzt Brombeersträucher im Gleisbett und LKWs, die mehr Betonplatten schleppen als ein durchschnittlicher Heimwerker im ganzen Leben verbaut.

Wozu das Ganze? Nun, die Bahn will ein elektronisches Stellwerk bauen. Nicht irgendeins, sondern eins mit Zukunft – also ohne Hebel, Muskelkraft oder „Wir müssen den Hebel mal eben mit dem Fuß freikloppen“-Technologie. Stattdessen soll ab 2028 in Düsseldorf-Rath eine Hightech-Zentrale entstehen, von der aus auch Eller, Hilden und Immigrath dirigiert werden wie ein sinfonisches Orchester. Bis dahin wird allerdings verlegt, gebuddelt, verkabelt und gesperrt, dass es einem beim Lesen fast die Oberleitung durchbrennt.

In Zahlen klingt das fast poetisch: über 480.000 Meter Kabel (das ist mehr als genug, um Düsseldorf siebenmal einzuwickeln), 470 Signale, vier Weichenverbindungen und 55 Kilometer Kabelkanäle. Der Güterverkehr darf bis zum 14. Juni noch durch – danach heißt es: auch für die tonnenschweren Kollegen ist erstmal Wandertag.

Die Passagiere? Dürfen in Busse umsteigen, die in der Rushhour die Stimmung eines IKEA-Parkhauses an Samstagen versprühen. Wer von Solingen nach Düsseldorf will, fährt jetzt auf Gummireifen und hofft, dass der Schnellbus nicht das „Schnell“ vergisst. Der hält übrigens nicht in Hilden – warum auch, man soll sich schließlich auch mal bewegen.

Trotz all der Schweißarbeit bleibt ein Gegner besonders hartnäckig: der Kupferkabeldieb. Der sorgt mit seinen nächtlichen Raubzügen nicht nur für Verspätungen, sondern auch für Herzrasen bei Projektleitern. Deswegen wird jetzt gelagert wie im Bundesbank-Tresor und bewacht wie ein Festival-Backstage-Bereich.

Und während sich die Technikfreunde an der Vorstellung des European Train Control Systems erfreuen und sich die DB-Manager über Flexibilität und Zukunftsfähigkeit austauschen, schaut Hilden auf sein Bahnhofsgebäude und denkt: „Och, ein neues Dach wäre auch mal nett.“ Das wird jetzt gebaut. Irgendwann. Frühestens Ende Juni. Bis dahin bleibt Zeit für die Brombeeren, weiter zu wachsen und die Gleise zu übernehmen wie ein grünes Symbol des Widerstands gegen Fahrpläne und Digitalisierung.

Kurz gesagt: Die Bahn fährt nicht – aber der Fortschritt rollt. Nur eben auf Baustellenreifen.

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