Der Sommer in Hilden hat einen ganz eigenen Soundtrack: das Ritsch-Ratsch der Kabelbinder, das sanfte Knarzen von Aluleitern und das engagierte Fluchen eines Hobby-Wahlhelfers, der versucht, ein Plakat mit dem Gesicht seines Parteichefs symmetrisch an eine Laterne zu tackern. Ja, Freunde der demokratischen Bildästhetik, es ist wieder soweit: Die heiße Phase des Kommunalwahlkampfs beginnt – und mit ihr eine farbenfrohe Invasion aus Lächeln, Slogans und Photoshop.
Seit dem 3. August, Punkt Mitternacht, dürfen in Hilden Plakate gehängt werden. Und offenbar schlafen politische Überzeugungen nie, denn schon in der Nacht waren engagierte Parteimitglieder unterwegs, um sich die besten Laternenmasten zu sichern. Wer jetzt denkt: "Das klingt wie Black Friday bei Laterna Lux", liegt gar nicht so falsch. Was für den Einzelhandel der Sale ist, ist für Lokalpolitiker die Mittelstraße – heiß umkämpft und strategisch unverzichtbar.
600 Standorte hat die Stadt dafür offiziell freigegeben. Natürlich streng nach dem Prinzip der abgestuften Chancengleichheit – was ein wenig klingt wie: „Alle dürfen gleich viel, außer die Großen, die dürfen ein bisschen mehr.“ So darf die CDU 147 Mal ihre Plakatkunst präsentieren, während die Piraten sich mit 37 Mal „Arrr!“ begnügen müssen. Ob das was über die Chancen bei der Wahl aussagt? Vielleicht. Oder über die Kabelbinder-Vorräte im Lager.
Aber nicht überall darf fröhlich getackert werden. Nein, Hilden ist keine Plakat-Wildweststadt. Kurven, Kreuzungen, Ampeln, Mittelstreifen und – ganz wichtig – Bäume sind tabu. Auch Zäune von Privatleuten sind heilig. Es sei denn, man hängt sich freiwillig ein Porträt von „Bernd von der Bürgeraktion“ neben den Gartenzwerg. Geschmackssache.
Für Nostalgiker gibt es auch wieder die großen „Wesselmänner“ – das sind keine Bodybuilder, sondern übergroße Plakatflächen mit Retro-Charme und DIN-18/1-Maßen. Drei neue Standorte gibt’s dieses Jahr. Man munkelt, dass der eine oder andere Politiker dort schon mit Selfie-Stick und Ringlicht spotted wurde. „Wenn schon plakatieren, dann mit Influencer-Vibes“, lautet offenbar das neue Motto.
Übrigens: Am Wahltag selbst ist Schluss mit lustig. Da darf nicht mehr geworben, geklebt oder geschmeichelt werden. Plakatfreie Zone rund ums Wahllokal! Wer’s vergisst, bekommt vom Ordnungsamt keine Likes – sondern Post. Und spätestens eine Woche nach der Wahl muss alles wieder weg. Bis dahin kann man sich auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkauf oder beim Gassigehen durch ein Meer von Kandidaten lächeln lassen, die einem versprechen, alles besser zu machen. Außer das Plakatieren – das läuft ja schon ziemlich professionell.
Also Hilden, genieße deinen Laternen-Sommer! Und denk dran: Nicht jeder, der dir von der Laterne zulächelt, will dir nur einen schönen Tag wünschen – manche wollen deine Stimme.
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