Freitag, 24. Oktober 2025

24.10.2025: Langos, Lachen, Leandro – Hilden dreht wieder am Itter-Rad

Wenn sich in Hilden im Oktober plötzlich der Duft von Reibekuchen mit dem Sound von „Stay2“ mischt und ein Blue Power Polyp unermüdlich seine Runden dreht, dann weiß der gemeine Rheinländer: Et is widder Itterfest! Vier Tage lang Ausnahmezustand mitten in der Innenstadt – und das nicht etwa wegen Bauarbeiten oder entlaufener Enten (was ja beides auch schon mal vorkam), sondern weil ein ganzes Fest auf die Straße geht und dabei mit der längsten Festmeile seit Erfindung der Bratwurst protzt.

Von Freitag bis Montag wird die Mittelstraße zur Mutter aller Wurstparaden: Käsehappen, Crêpes, Maiskolben, gebratene Champignons und, ganz neu im Fest-Sortiment: ungarischer Langos. Man munkelt, dass sich schon jetzt einige Imbissbuden-Betreiber heimlich auf Ungarisch weiterbilden, nur um in Zukunft korrekte Teigfladen-Gespräche führen zu können. Kulinarisch jedenfalls ist das Itterfest so breit aufgestellt wie ein ambitionierter All-you-can-eat-Besucher nach dem dritten Teller.

Aber natürlich geht es nicht nur ums Essen – nein, auch die gute alte Vereinsmeierei wird großgeschrieben. Die Hildener Narren sind wieder am Start, angeführt von den „Musketieren“ (obwohl die ja rein rechnerisch nur zu dritt sein dürften – aber in Hilden gelten andere Regeln). Dazu gesellen sich „Die Alten Säcke“ – was vermutlich ein Verein ist und keine humorvolle Umschreibung des Organisationsteams – und die „Jecken Fründe“, die vermutlich schon allein wegen des Namens automatisch Bier ausschenken dürfen. Schade nur, dass sich nicht mehr Vereine beteiligen. Offenbar haben viele zu wenig Leute – oder trauen sich einfach nicht, gegen die Übermacht der Alten Säcke anzutreten.

Musikalisch wird das Ganze zum Festival der Gegensätze: Freitagabend gibt’s DJ Frank (natürlich mit „k“, wie es sich für das Rheinland gehört), Samstag kommen Tanzgruppen, der Circus Traber und Dirk Leandro. Letzterer singt vermutlich Lieder, die mindestens drei Emotionen gleichzeitig auslösen: Fernweh, Schnapsdurst und den spontanen Impuls, sich ein Tattoo stechen zu lassen. Danach wird’s dann richtig wild mit „Stay2“, einer Band, die laut Veranstaltungsflyer „Rock- und Party“-Stimmung bringt – was im Klartext bedeutet: Niemand unter 60 kann danach noch ruhig schlafen.

Auch die Jüngsten gehen nicht leer aus. Für sie gibt’s nicht nur gleich drei Kinderkarussells (eins für jedes Elternteil und den Großonkel), sondern auch eine neue Kindereisenbahn. Die tuckert ganz gemütlich durchs Fest – das perfekte Tempo für alle, die nach dem dritten Crêpe eh nicht mehr schneller können. Für die Adrenalinjunkies gibt’s den „Blue Power Polyp“, ein Fahrgeschäft, das allein schon beim Zusehen die Mageninhalte neu sortiert.

Apropos sortieren: Der Fabry-Trödelmarkt bietet am Samstag und Sonntag die perfekte Gelegenheit, längst vergessene Dachboden-Schätze gegen Langos-Geld einzutauschen. Besonders gefragt sind dabei vermutlich Dinge wie: Telefonapparate mit Wählscheibe, Räuchermännchen mit leichtem Nikotinfilm und Porzellanfiguren, die auch in Horrorfilmen Karriere machen könnten.

Und wer nach all dem Bummeln, Schunkeln und Drehen noch nicht genug hat, der darf am Sonntag auch noch shoppen. Verkaufsoffener Sonntag in der Hildener Innenstadt – für viele der letzte Akt der Herbstferien, für andere einfach die Chance, sich neue Schuhe zu kaufen, weil die alten im Blue Power Polyp das Zeitliche gesegnet haben.

Bleibt nur noch die Frage: Warum heißt das Ganze eigentlich Itterfest? Vielleicht, weil nach vier Tagen Party auch der Letzte merkt, wie schön so ein Fluss ist, der still und leise an der Stadt vorbeizieht – ganz ohne Schießbude und Maiskolben.

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