Es gibt Dinge, die sind so sicher wie das Amen in der Kirche: Montags ist der Kaffee zu schwach, Freitags der Stau zu lang – und irgendwo zwischen Hilden und Haan pendelt jemand. Täglich. Tausendfach. Und das mit einer Hingabe, bei der selbst Berufssportler sagen würden: Respekt, aber ich bleibe lieber sitzen.
Denn was sich da laut Pendleratlas zwischen den beiden Städten und dem Rest von NRW abspielt, ist mehr als nur ein bisschen Berufsverkehr – das ist eine verkehrstechnische Völkerwanderung mit Lokalkolorit. Ganze 19.680 Hildener sagen morgens „Tschüss Eigenheim, hallo Bürosessel – aber bitte woanders!“ Und in Haan? Da machen sich 11.311 Menschen auf den Weg, vermutlich mit Thermobecher in der einen Hand und Spotify-Pendler-Playlist in der anderen. (Erster Song: „Highway to Düsseldorf“.)
Jetzt könnte man meinen, in Hilden ist die Innenstadt so leer, dass man morgens um halb acht eine Bowlingkugel durch die Mittelstraße rollen lassen könnte, ohne jemanden zu treffen. Denkste! Denn just in dem Moment, wo die halbe Stadt abdampft, rollt die andere Hälfte rein. 20.706 Pendler kommen von überall her – viele davon aus Düsseldorf, was nahelegt: Die Menschen fliehen aus der Großstadt, um in Hilden in Ruhe zu arbeiten. Wahrscheinlich, weil der Kaffee dort günstiger ist und man im Parkhaus noch einen Platz bekommt. Haan dagegen ist ein bisschen wie das kleine Geschwisterkind: freundlich, aber mit weniger Andrang – nur 9.571 Menschen machen sich täglich auf den Weg dorthin, um dort zu arbeiten. Vielleicht, weil man da schneller wieder herauskommt, wenn man merkt, dass man doch nach Hilden wollte.
Das Verhältnis zwischen Ein- und Auspendeln erinnert ein wenig an ein schlechtes Date: Hilden bekommt mehr Besuch, als es selbst Leute losschickt. Haan hingegen gibt mehr her, als es empfängt. So kommt es, dass Hilden mit einem Pendelsaldo von +1026 ganz zufrieden aus dem Fenster winkt, während Haan mit -1740 etwas traurig seine Brotbox aufmacht.
Und die Wege, die da jeden Tag zurückgelegt werden, sind beachtlich. Von Köln über Wuppertal bis Neuss – alles dabei. Die einen fahren bis zu 29 Kilometer, andere nur ein paar Kilometer Luftlinie nach Erkrath, was man allerdings auch zu Fuß schaffen könnte, wenn man nicht gerade eine Laptoptasche wie ein Ziegelstein mit sich herumschleppt.
Aber Moment: Wenn also Hildener nach Haan fahren, und Haaner nach Hilden, gleichzeitig Düsseldorfer nach Hilden, und Hildener wiederum nach Düsseldorf – dann ist das Ganze im Grunde ein einziges rotierendes Karussell. Nur ohne Musik. Und mit deutlich mehr Fluchen auf der A59, die pünktlich zum Berufsverkehr natürlich gesperrt ist. Da wünscht man sich manchmal, man könnte einfach Homeoffice für alle ausrufen und morgens statt Pendeln einfach ein Brötchen mit Ruhe genießen.
Doch der wahre Held dieser Geschichte ist: der Pendler selbst. Der sich jeden Tag aufs Neue sagt: „Ich wohne hier, aber ich arbeite da. Und ja – ich bin noch nicht irre geworden.“ Oder wie man in Hilden vielleicht sagt: „Wer hier nicht pendelt, der ist entweder Rentner, Kleinkind oder hat den Job gleich neben der Haustür geparkt.“
Also: Hildener, Haaner und alle, die irgendwo dazwischen ihr tägliches Fahr-Schicksal teilen – möge die Bahn pünktlich sein, die Straße frei und der Kaffee stark. Und wenn nicht? Dann wenigstens WLAN im Zug.
Samstag, 1. November 2025
1.11.2025: Zwischen Schlafstadt und Staufalle: Hildens heimliche Pendler-Party
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