Hilden und Haan, unsere beschaulichen Städte mit Rheinblick und Pendlerstaus, kämpfen mit einem neuen Drama – und diesmal geht’s nicht um den Verkehr auf der A46. Nein, es geht um etwas viel Wichtigeres: Apotheken. Genauer gesagt, um deren mysteriöses Verschwinden. Man könnte fast meinen, sie seien vom Winde verweht oder im Hinterzimmer eines besonders schwierigen Rezepts einfach verdampft.
2023 gab’s in Hilden noch zwölf Apotheken. Jetzt sind’s elf. In Haan sind es sogar nur noch fünf. Die gute Nachricht: Wer schnell rennt oder zufällig in einem Fitnessstudio wohnt, kommt vielleicht noch rechtzeitig zur nächsten Notdienst-Apotheke. Die schlechte Nachricht: Wer eine Grippe hat, bleibt besser gleich im Bett – mit Kamillentee aus dem Supermarkt und dem stillen Gebet, dass Google wirklich weiß, was gegen Husten hilft.
Und warum sterben die Apotheken aus? Fachkräftemangel, zu wenig Geld, zu viel Bürokratie und das Gefühl, dass man sich als Apotheker:in langsam selbst zum Generikum machen muss – billig, wirksam und am besten rund um die Uhr verfügbar. Es sei denn, man hat das Pech, dass das Rezept ein Komma zu viel oder zu wenig hat. Dann zahlt nämlich niemand. Besonders nicht die Krankenkasse. Die hat nämlich gelernt, wie man beim „Mensch ärgere dich nicht“ immer gewinnt: einfach die Regeln spontan ändern.
Die Politik hat eine tolle Idee: Lasst doch pharmazeutisch-technische Assistenten die Apotheken leiten – sozusagen der Apotheker light mit nur halber Verantwortung, aber vollem Chaos. Der Apothekerverband findet das... sagen wir freundlich: suboptimal. Denn Arzneimittelberatung sei nun mal keine Hobbyveranstaltung wie Makramee-Kurse oder Latte-Art-Wettbewerbe.
Dazu kommt: Seit 2013 hat sich beim Honorar nichts getan. Das sind satte zwölf Jahre Preisstillstand – was im Vergleich zu Strom- und Mietpreisen ungefähr so absurd ist, wie ein 10-Euro-Menü im Sternerestaurant. Apotheker Jürgen Wunderlich bringt es auf den Punkt: „Es wird immer schwieriger, eine Apotheke überlebensfähig zu halten.“ Übersetzt: Man muss entweder reich geboren sein oder ein Faible für Dauerstress haben. Am besten beides.
Ulrike Peterseim aus Haan schaut derweil mit Sorgenfalten in die Zukunft – und das nicht wegen der Faltencreme. Der Nachwuchs geht flöten, die Babyboomer sagen „Tschüss“ und die Digitalisierung klopft freundlich an die Tür. Leider ohne Rezept.
Bleibt die große Frage: Was tun? Die Politik müsste ran. Aber wie wir wissen, braucht die oft etwas länger. In der Zwischenzeit hilft nur eins: Unterstützt eure Apotheke um die Ecke. Kauft dort ein, sagt mal „Hallo“ und bringt vielleicht sogar ein Stück Kuchen mit – zur Stärkung. Denn wenn das so weitergeht, ist die einzige Apotheke im Umkreis bald in der Amazon-Cloud gespeichert. Und die kennt leider keine Beratung bei Wechselwirkungen – höchstens beim Wechsel des Lieferdiensts.
Also: Nicht nur Pillen zählen, sondern auch auf die Menschen dahinter achten. Sonst bleibt uns am Ende nur die Tablette aus dem Drucker – und ein mulmiges Gefühl in der Magengegend.
Sonntag, 16. November 2025
16.11.2025: Apotheke adé – Warum Pillen demnächst per Brieftaube kommen
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